Drei von vier Arzt- und Psychotherapiepraxen würden ihre aktuelle Praxissoftware eher nicht weiterempfehlen. Rund die Hälfte der befragten Niedergelassenen ist explizit unzufrieden mit ihren Software-Anwendungen. Ein Großteil von ihnen ist bereit, den Anbieter zu wechseln. Das ergab eine bundesweite Online-Umfrage des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung.
Lediglich eine von vier Praxen ist danach mit der Software zufrieden und würde diese aktiv weiterempfehlen. Die am weitesten verbreiteten Systeme gehören eher nicht dazu, wie das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) mitteilte. In die Auswertung sind die Antworten von über 10.000 Ärzten und Psychotherapeuten eingeflossen. Hintergrund der Umfrage ist laut Zi die Einführung der Telematikinfrastruktur, die von den Software-Anbietern unterschiedlich gut umgesetzt wird.
Steiner: Praxen dürfen nicht an der Technik scheitern
„Die Ergebnisse belegen die hohe Unzufriedenheit vieler Praxen mit ihrem Praxisverwaltungssystem“, sagte Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner und fügte hinzu: „Diese Unzufriedenheit wird geschürt durch manchmal sogar tägliche Störungen der TI oder Probleme mit dem PVS, die die Praxisabläufe behindern und damit die Versorgung der Patientinnen und Patienten einschränken.“ Der Wechsel des PVS sei alles andere als leicht, koste Geld und Ressourcen. Erschwerend komme ein Mangel an Transparenz und Information hinzu. Das müsse sich dringend ändern.
Störungen im Praxisablauf mehrmals pro Woche
Fast die Hälfte der Ärzte und Psychotherapeuten berichtet der Umfrage zufolge, dass der Praxisablauf mehrmals pro Woche oder täglich durch Softwarefehler gestört wird. Nur knapp 20 Prozent gaben an, dass keine beziehungsweise kaum Fehler im Praxisverwaltungssystem (PVS) auftreten.
Aber selbst unter den zufriedenen Softwarenutzern beklagt immer noch ein Viertel wöchentliche beziehungsweise tägliche Störungen im Praxisablauf durch Softwarefehler. Gründe dafür könnten den Zi-Autoren zufolge sein, dass die Ursache von Softwarefehlern auch außerhalb der eigentlichen Praxissoftware, also beim Konnektor oder der gematik, liegen kann.
Nach einer Statistik der KBV waren zum 30. Juni 2023 130 unterschiedliche Softwaresysteme in der Anwendung. Darunter sind viele kleinere Anbieter und Auslaufmodelle. Knapp 40 Prozent der Softwareinstallationen entfallen auf zwei Systemhäuser.
Nach Wechsel der Software ist Mehrheit zufriedener
Von den unzufriedenen Nutzern wären der Zi-Umfrage zufolge rund zwei Drittel (64,5 Prozent) bereit für einen Wechsel des Softwaresystems. Unter den Teilnehmenden, die mit ihrer Praxissoftware zufrieden sind und diese weiterempfehlen würden (27,7 Prozent), ist rund ein Sechstel, das bereits einen Softwarewechsel vorgenommen hat.
Insgesamt gaben 860 (8,5 Prozent) Teilnehmende an, bereits den Anbieter gewechselt zu habe. Von diesen sind nach dem Wechsel rund 479 (55,7 Prozent) mit ihrem System zufrieden und würden es weiterempfehlen.
Vor diesem Hintergrund forderte Zi-Vorstandsvorsitzender Dr. Dominik von Stillfried bessere Bedingungen für einen Anbieter-Wechsel. „So wie die Politik die Digitalisierung der Krankenhäuser finanziell fördert, könnte der Wechsel zu Praxissoftwaresystemen gefördert werden, die nach vorheriger Prüfung eine bessere Funktionalität beziehungsweise einen besseren Service bieten und damit zur Umsetzung der Telematikinfrastruktur besser geeignet sind“, betonte der Zi-Vorstandschef.
Steiner: Unterzeichnen Sie die Rahmenvereinbarung
KBV-Vorstandsmitglied Steiner appellierte in dem Zusammenhang an die Softwareanbieter, die Rahmenvereinbarung der KBV zu unterzeichnen. Damit könnten diese zeigen, dass sie für Praxen wichtige Kriterien erfüllten. Dazu gehöre unter anderem, dass Software-Updates einfach online bereitgestellt würden oder dass klar erkennbar sei, welche Leistung welchen Preis für die Praxis habe.
Das Zi veröffentlicht eine Liste mit 15 positiv bewerteten PVS. Die vollständige Auswertung der Umfrage-Ergebnisse wird es zu einem späteren Zeitpunkt in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung präsentieren.